Das Pendel – Ein Präzises Mechanisches Schwingsystem
Schon im 16. Jahrhundert beschäftigten sich namhafte Astronomen und Naturwissenschaftler mit den Eigenheiten und Verhaltensweisen des Pendels bzw. des damals sogenannten Schwerependels. In aufwändigen Versuchen und Berechnungen kamen sie zu der Erkenntnis, dass die Schwingungsdauer eines Pendels mit Fadenaufhängung nicht von der Masse oder der Form des Pendelkörpers, sondern lediglich von der Pendellänge selbst abhängt. So lag es nahe diesen Effekt, dass ein Pendel, einmal in Schwung gebracht, immer gleichlange für eine Schwingung benötigt, für die Verwendung in Räderuhren zu nutzen. Zu dieser Zeit waren Uhren relativ ungenau und die Suche nach einem möglichst präzisen Schwingsystem, mit dessen Hilfe die Zeit gemessen bzw. angezeigt werden konnte, nicht beendet.
Heute kennen wir diverse Schwingsysteme wie die Unruh (für mechanische Armbanduhren), den Quarz (für Uhren mit Batteriebetrieb) oder eben auch das Pendel. Letzteres ist nach wie vor der genaueste mechanische Oszillator der für hochpräzise, feststehende bzw. -hängende Uhren nach wie vor Verwendung findet.
Im Jahre 1585 machte, wie oben bereits erwähnt, Galileo Galilei die Entdeckung, dass die Frequenz mit der ein Pendel schwingt in erster Linie von seiner Länge und der es umgebenden, alltäglichen Schwerkraft bestimmt wird. Zudem beobachtete er, dass die Schwingungsweite eines Pendels keinen Einfluss auf die Dauer einer Pendelschwingung hat, dies wird heute mit dem Begriff isochron beschrieben. Bezüglich des Isochronismus wissen wir heute allerdings, dass dieser nur bei sehr kleinen Pendelschwingungen annähernd vorhanden ist.
Da ein Pendel, einmal in Bewegung gesetzt, aufgrund diverser Störeinflüsse wie Gravitation, Luftwiderstandes oder auch die Reibung der Pendelaufhängung, permanent an Schwingungsweite verliert, muss ihm in regelmäßigen Abständen Kraft zugeführt werden. Im Falle einer feinen Pendeluhr ist dafür ein Gewicht zuständig, das mittels des Uhrwerks die Kraft an das Pendel weitergibt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass das Gewicht in diesem Fall der absolut zu favorisierende Energiespeicher ist, da er über eine permanent gleichbleibende (Gewichts-) Kraft verfügt.
Ist nun ein Pendel in einer fest installierten Uhr verbaut, wird mit konstanter Kraft angetrieben und seine Länge ist auf die genaue geografische Position einjustiert, so sollte die Uhr maximal genau die Uhrzeit anzeigen. Dies ist jedoch nicht automatisch so! Nun kommen weitere Störfaktoren auf das bestehende System zu. In erster Linie sind dies Temperaturschwankungen, zudem Luftdruckschwankungen und auch Schwankungen der Luftfeuchtigkeit.
Der störenden Luftfeuchtigkeit kann hier sehr schnell Abhilfe geschaffen werden indem Pendelstäbe aus Holz lackiert werden oder gar Stäbe aus Metall verwendet werden.
Ein größeres Problem stellen die Abweichungen aufgrund von Temperaturschwankungen dar. Bei hohen Temperaturen dehnen sich Materialien aus, die Pendel werden länger und damit langsamer, die Uhren gehen nach. Bei tiefen Temperaturen ist der Effekt umgekehrt. Die Verwendung spezieller Hölzer die wenig auf diese Schwankungen reagierten war der erste Schritt, es folgten Versuche mit komplizierten und kostspieligen Aufbauten diverser Stäbe aus verschiedenen Metallen die sich gegenseitig kompensieren bzw. ausgleichen sollten um somit die Längenänderung des Pendelstabs aufgrund der Temperatur zu vermeiden, das sogenannte Rostpendel. Zu guter Letzt entdeckte Ende des 19. Jahrhunderts der französische Wissenschaftler Charles-Edouard Guillaume eine Eisen-Nickellegierung die bahnbrechend war. Der Wärmeausdehnungskoeffizient dieses neuen Materials war um den Faktor 10 geringer als bei Stahl und um den Faktor 5 geringer als bei ausgesuchten Hölzern. Dieses neue „invariable“ Metall erhielt daher, naheliegend, den Namen Invar.
Da nun aber das Invar dennoch eine geringe Wärmeausdehnung hat, waren zwar Uhren mit Gangabweichungen von mehreren Sekunden pro Monat möglich, bessere Werte konnten aber durch Invar alleine nicht erreicht werden.
Im Jahre 1896 dann, erfand der Unternehmer Sigmund Riefler eine weitere verbesserte Kompensation zum Ausgleichen von Temperaturschwankungen. Er verwendete Invar für den Pendelstab und setzte auf die unten am Stab befindliche Reguliermutter ein sogenanntes Kompensationsrohr. Dieses Rohr war nach unten durch die Reguliermutter begrenzt, konnte sich aber nach oben frei ausdehnen (bei Erwärmung). Um die Kompensation zu perfektionieren reichte das Kompensationsrohr genau bis in die Mitte des Pendelkörpers. Vereinfacht gesagt dehnt sich somit das Kompensationsrohr bei Erwärmung um den Wert nach oben aus um den sich der Pendelstab nach unten ausdehnt. Der Pendelkörper bleibt somit bei verschiedenen Temperaturen an exakt derselben Position! Nun war dem Bau von hochpräzisen Präzisionspendeluhren der Weg geebnet und das Erreichen von außergewöhnlich guten Gangwerten wurde nicht mehr durch Temperaturschwankungen beeinflusst.
Zu guter Letzt der dritte Störfaktor, der permanent wechselnde Luftdruck. Auch hier konnte durch eine innovative Erfindung eine wesentliche Verbesserung in Bezug auf die Ganggenauigkeit erreicht werden – hierzu aber mehr und auch ausführlicher in einem unserer nächsten Magazinbeiträge!
Nun wollen wir uns noch kurz mit der Reglage, also wie eine Pendeluhr genau einjustiert wird, beschäftigen.
Im Groben wird dies über die Einstellung der Länge des Pendels gemacht, dies bedeutet, dass die Pendellinse zum Verkürzen des Pendels und damit zum Beschleunigen der Uhr nach oben verschoben werden muss. Ein Verschieben nach unten bewirkt demnach ein langsamer schwingendes Pendel. In den meisten Pendeluhren wird dies durch die sogenannte Reguliermutter bewerkstelligt. Diese befindet sich am unteren Ende des Pendels und trägt den Pendelkörper. Wird nun die Mutter so gedreht, dass der Pendelkörper angehoben, also nach oben verschoben wird, beschleunigt sich das Pendel, da es (bezüglich seines Schwerpunkts) kürzer geworden ist.
Diese Methode der Reglage reicht bei den meisten Uhren aus um gute Gangwerte zu erreichen, nicht so aber bei Präzisionspendeluhren. Hier wird mit einer weiteren unscheinbaren Erfindung gearbeitet um wesentlich bessere Gangergebnisse zu erzielen. Dem sogenannten Huygenschen´ Läufer oder auch Feinregulierteller. Er befindet ich genau in der Mitte zwischen Aufhängepunkt und Schwerpunkt des Pendels am Pendelstab – an dieser Position ist die Wirkungsweise der folgenden Feinreglage am größten.
Ist ein Pendel nun schon möglichst genau über die Reguliermutter einjustiert worden, so sollte es möglichst störungsfrei am Schwingen gehalten werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine weitere Verbesserung der Genauigkeit am schwingenden Pendel vorgenommen werden muss/soll. Will man nun das Pendel schneller schwingen lassen, also verkürzen, müssen daher kleine Gewichte auf den Regulierteller aufgelegt werden. Mit dem Abnehmen von bereits auf dem Regulierteller befindlichen Gewichten wird dementsprechend genau das Gegenteil erreicht. Mit Hilfe dieses kleinen Tricks lassen sich somit feinste Gangänderungen am schwingenden Pendel bewerkstelligen.
Soweit soll es nun an dieser Stelle gut sein, die Thematik des Pendels an sich ist allerdings derart umfassend, dass hierzu ganze Bücher geschrieben wurden.
Sollten sie weiter Interesse an solcher Literatur haben, so lassen sie sich folgende Bücher ans Herz legen:
Karl Giebel – Gesamtwerk – ISBN: 978-3-941539-67-9
Dipl.-Ing. Ludwig Lehotzky – Technische Grundlagen der mechanischen Uhren – ISBN: 978-3-9809557-3-7
Klaus Menny – Die Uhr und ihre Funktion – ISBN: 978-3-86852-506-9
Zu beziehen sind diese und weitere interessante Bücher über:
Verlag Historische Uhrenbücher, www.uhrenliteraturshop.de, Tel.: +49 (0) 30 – 83203842